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Brief an Alexander Hoffmann

15. Juli 2015 - Marco Hartlaub



Sehr geehrter Herr Alexander Hoffmann,
lieber Bundestagsabgeordneter meines Wahlkreises,

es ist ja schon fast als tragisch zu bezeichnen, dass ausgerechnet am selben Tag an dem ein langer Rechtsstreit in den USA mit dem zu erwartenden Ergebnis ausging, ausgerechnet an dem Tag an dem die Verbote der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare in einigen US-Staaten vom obersten Verfassungsgericht der USA für verfassungswidrig erklärt wurden und damit die USA als ein weiterer großer, westlicher, demokratischer Rechtsstaat die Ehe für alle legalisiert hat, ausgerechnet an diesem Tag verteidigen Sie in einem Interview im Main-Echo genau dieses Verbot.
Gerade für Sie als Jurist muss es doch peinlich sein, dass ein um das andere Mal Ihre Positionen zum Thema auch vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig erklärt wurden. Zuletzt beim Urteil zum Ehegattensplitting, jetzt bezeichnen sie Ihre Haltung von damals als „Fehleinschätzung“, nun ja.

Indes werden die Rückzugsgebiete für die Verfechter des Eheverbots für Homosexuelle immer kleiner, immer schräger und absurder ihre sogenannten Argumente, wie der hysterische Auftritt einer saarländischen Ministerpräsidentin zeigte, die, nachdem gemunkelt wurde dass sich in der Saar-CDU eine Mehrheit für die Ehe für alle abzeichnet, die Eheöffnung als Eingangstor für Inzest und Polygamie bezeichnete, wohl um ihr Gesicht bei den konservativen Parteioberen zu wahren. Man will ja schließlich Karriere machen, und nicht für immer saarländische Ministerpräsidentin bleiben. Der Schuss ging nach hinten los, die Dame wurde abgestraft, zu Recht.

Und was bleibt von Ihren „Argumenten“ gegen die Ehe für alle übrig? Man muss schon genau hinsehen diese im Text überhaupt zu finden. Wo sind die groß in der Überschrift angekündigten „Unterschiede“ die „klar benannt“ werden müssen?
Hier sind sie: das „Kriterium Mann und Frau eröffnet rein biologisch die Möglichkeit, Kinder in die Welt zu bringen.“
Wie niedlich, ein Argument wie ein Katzenbabyfoto auf Facebook, süß aber irrelevant.
Lieber Herr Hoffmann, nach Ihrer Theorie müssten Sie auch zeugungsunfähigen Männern und unfruchtbaren Frauen die Ehe verweigern (Nachweis der Zeugungsfähigkeit bzw. Fruchtbarkeit muss bei der Eheschließung erbracht werden!), natürlich auch Frauen in der Postmenopause. Gleichzeitig haben zeugungsfähige und fruchtbare homosexuelle Menschen sehr wohl die Möglichkeit, Kinder in die Welt zubringen. Ja, auch Schwule und Lesben besitzen das nötige Equipment dazu, ich hoffe, ich verrate da Ihnen nicht zu viel. Zur Not braucht man halt eine dritte Person dazu, aber 'so what', ihr Parteichef Horst S. hat diese Methode ja auch schon angewendet.

Wie man es dreht oder wendet, es gibt kein Argument gegen die Ehe für alle. Es bleiben nur fundamentalistische, religiöse Ideologien, die aber in einem demokratischen Rechtsstaat nichts zu suchen haben. Es ist schon amüsant zuzusehen, wie Sie und Ihre Mitstreiter mit der Lupe nach Gründen suchen, um weiter Ihre Verweigerungshaltung zu begründen, um danach das gefundene Nichts in viele Worte und juristisches Geschwurbel zu verpacken, um weiter zu diskriminieren. Ja, es ist Diskriminierung wenn man Menschen Rechte verweigert, wenn diese Menschen homosexuell sind, nennt man das auch Homophobie. Genau, Herr Hoffmann, es ist und bleibt Homophobie wenn man gleichgeschlechtlichen Paaren die Ehe verweigert. Da nützt es auch nichts, wenn Sie von sich selbst das Gegenteil behaupten.

Dabei wäre es so einfach, es braucht nur eine klare Definition des Begriffs „Ehe“, den es bisher so ja noch gar nicht gibt. Selbst Slowenien hat es vorgemacht, einfach den Satz „Die Ehe ist eine Verbindung zweier Personen“ ins Gesetz geschrieben, fertig! Das haben die hingekriegt, und zwar ohne das jahrzehntelang eine Horde von überbezahlten Juristen darüber diskutieren mussten, um dann doch zu keinem Ergebnis zu kommen.

Von außen betrachtet ist die Haltung Deutschlands zu diesem Thema nur noch als erbärmlich und peinlich zu beschreiben. Die westlich, demokratische Welt reibt sich verwundert die Augen über die Rückständigkeit eines Landes, dass doch mal als Vorreiter, gerade auch was Freiheitsrechte betrifft, galt. Es gibt schon seine seit vielen Jahren eine parlamentarische und gesellschaftliche Mehrheit für die gleichgeschlechtliche Ehe in Deutschland, die nur durch CDU/CSU blockiert wird. Herr Hoffmann, ich kann Sie und Ihre Mitverweigerer nur auffordern diesen unwürdigen Zustand endlich zu beenden. Sagen auch sie „JA“ zur Liebe, „JA“ zur Gerechtigkeit, „Ja“ zur Ehe für alle.

Und hier, für Sie Herr Hoffmann, nochmals die Urteilsbegründung des Supreme Court:
"Kein Bund ist tiefgründiger als die Ehe. Er vereint in sich die höchsten Ideale der Liebe, Treue, Hingabe, Aufopferung und Familie. In dem sie die Ehe eingehen, werden zwei Menschen zu etwas Größerem als zuvor. Wie manche Kläger uns zeigen, verkörpert die Ehe eine Liebe, die so groß ist, dass sie sogar den Tod überdauert. Anzunehmen, dass diese Männer und Frauen die Idee der Ehe nicht respektieren, würde ihnen nicht gerecht. Sie respektieren sie, sie respektieren sie so sehr, dass sie diese Erfüllung für sich selbst wünschen. Ihre Hoffnung ist, dass sie nicht dazu verdammt sind, in Einsamkeit zu leben, ausgeschlossen von einer der ältesten Institutionen der Zivilisation. Sie erbitten sich die gleiche Würde vor dem Gesetz. Die Verfassung garantiert ihnen dieses Recht. So wird es angeordnet."
(Übersetzung übernommen von Süddeutsche Zeitung)

Ich erbitte auch für mich von Ihnen die gleiche Würde vor dem Gesetz.

Herzlichst,
Marco Hartlaub,
ein Bewohner Ihres Wahlkreises.

Hintergrund:
Artikel im Main-Echo vom 26.06.2015, CSU-Bundestagsabgeordneter erklärt, warum er keine »Ehe für alle« will

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